Unsere Reaktionen müssen entschieden sein

Polen hat weltweit ziemlich viele Feinde. Eine uns gegenüber sehr negative Geschichtspolitik führen die Russen. Auch in Deutschland gibt es einige meinungsbildende Kreise, die versuchen, die Verantwortung des deutschen Volkes für die im Zweiten Weltkrieg begangenen Verbrechen zu verringern. Wir haben mit einer großen Anzahl an Verfälschungen und Manipulationen zu tun.

Ein Gespräch mit Prof. Wojciech Roszkowski, dem Vorsitzenden des Rates des Museums der polnischen Geschichte

Wie sollten wir unsere Geschichte vermitteln, damit die Welt beginnt, sich für sie zu interessieren?

Ein breites westliches Publikum mit dem polnischen point of view zu erreichen, ist eine ungeheuer schwierige Aufgabe. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass der Westen die Geschichte als eine wenig interessante wissenschaftliche Disziplin betrachtet. Was allerdings nicht bedeuten soll, dass wir deshalb die Hände in den Schoß legen. Ganz im Gegenteil – die ganze Zeit muss nach neuen Handlungsfeldern gesucht werden. Beispielsweise: wenn die größten westlichen Medien und Verlage für polnische Autoren unerreichbar sind, dann können wir ausländische Lehrbuchautoren zu uns einladen und versuchen, sie für unsere Geschichte zu gewinnen. Wir sollten alles daran setzen, dass solche historischen Ereignisse wie der Warschauer Aufstand im Westen präsent sind, damit sie uns helfen, gegen Stereotype über Polen anzukämpfen. Vor allem gegen das Stereotyp über Polen als das Land, das für die deutschen Verbrechen mitverantwortlich ist.

Sind diese Stereotype stark verbreitet?

Ja, leider ist das der Fall. Sogar der US-Präsident Barack Obama benutzte in seiner Rede den Ausdruck «polnisches Lager«, als er Jan Karski, den Kurier der Polnischen Heimatarmee und einen der wichtigsten Zeugen des Holocaust posthum mit der Freiheitsmedaille geehrt hat. Schuld daran war bestimmt nicht Obamas böser Wille. Auch seiner Umgebung sollte man keine schlechten Absichten unterstellen. Der Versprecher resultierte aus Ignoranz und Stereotypen, die seit langem bewusst verbreitet werden.

Wer verbreitet sie?

Polen hat weltweit ziemlich viele Feinde. Eine uns gegenüber sehr negative Geschichtspolitik führen die Russen. Auch in Deutschland gibt es einige meinungsbildende Kreise, die versuchen, die Verantwortung des deutschen Volkes für die im Zweiten Weltkrieg begangenen Verbrechen zu verringern. Wir haben mit einer großen Anzahl an Verfälschungen und Manipulationen zu tun. Daher redet der Westen heutzutage nicht mehr vom «ersten deutschen Konzentrationslager Dachau«, sondern von «Dachau, the first Nazi concentration camp«. Dagegen wird Auschwitz als «polnisches Lager« bezeichnet, obwohl die Polen dort nur eines der vielen Opfer waren.

Wenn die Formulierung «polnische Lager« in ausländischen Medien erscheint, dann müssen wir…

Bestimmt müssen unsere Reaktionen entschiedener sein als das unsere Diplomatie bis dato getan hat. Meiner Ansicht nach sollte man ausländische Medien einfach davor warnen, dass die Bezeichnung «polnische Konzentrationslager« als Hassrede interpretiert werden kann und dass sie deutsche Verbrechen in Frage stellt. Solche Warnungen sprechen die Leute besser an als sanfte Formulierungen über die polnische Würde. Es lohnt sich auch, präventiv zu handeln. Eine der NGOs verschickt z.B. solche Mahnungen an Medien. Das macht sie vor jedem runden Jahrestag, der sich auf den Zweiten Weltkrieg bezieht. Empfehlenswert ist jedes Handeln, das das Wissen von ausländischen Journalisten erweitert sowie sie für das Problem «polnische Lager« sensibilisiert. Alle unsere Aktivitäten müssen auf jeden Fall konsequent sein – nur dann können wir diesbezüglich etwas ändern. Ich fürchte aber, dass der Erfolg in dieser Hinsicht noch lange auf sich warten lassen wird.