Die Ulmas. Symbol des polnischen Heldentums angesichts deutscher Bestialität

Sie waren eine liebevolle Familie. Er arbeitete hart, um seine Familie zu ernähren, sie war Hausfrau, kümmerte sich um Haushalt und Kinder. Ihre außerordentliche Haltung während der deutschen Besatzung in Polen machte sie zum Symbol des Heldentums. Zum Symbol für alle Polen, die für die Rettung der Juden ihr Leben opferten.

Die Ulmas wohnten in Markowa im Südosten Polens. Obwohl Józef nur vier Klassen der Volksschule und einen Kurs für Landwirte absolviert hatte, war er ein vielseitig begabter Mensch. Er war u. a. Gerber, Imker und Fotograf und züchtete Obstbäume und Seidenraupen. Unentgeltlich arbeitete er in einer Bibliothek. Seine Frau Wiktoria war mit den sechs Kindern voll eingespannt. Die Ulmas führten zwar ein bescheidenes, aber ein ruhiges und glückliches Leben. Sie setzten es aufs Spiel, als sie Mitte 1942 zwei sich versteckenden jüdischen Familien – insgesamt acht Personen – in ihrem Haus Unterschlupf gewährten. Józef und Wikoria waren sich bewusst, dass sie diesen Schritt mit dem Tod bezahlen müssen, sollten die Deutschen davon erfahren. Gemäß der damals geltenden Gesetze wurde die Todesstrafe – Sippenhaftung inklusive – beim kleinsten Versuch der Rettung von Juden verhängt.

Am kühlen Morgen des 24. März 1944 fuhren vor das Haus der Ulmas vier Fuhrwagen vor. Die Angekommenen waren acht deutsche Gendarmen und die sog. Blaue Polizei (von der deutschen Verwaltung aufgestellte Polizeieinheiten, die aus Mitgliedern der Vorkriegspolizei Polens gebildet wurden). Während die polnischen Polizisten draußen blieben, handelten die Deutschen schnell und rücksichtslos. Sie drangen ins Haus ein und brachten sofort alle versteckten Juden um. Anschließend schleppten sie Józef und die hochschwangere Wiktoria auf den Hof und erschossen sie vor den Augen ihrer Kinder. Für die sechs Kinder kannten die Verbrecher ebenfalls keine Gnade. Die achtjährige Stanisława, der fünfjährige Władysław, der vierjährige Franciszek, der dreijährige Antoni und die anderthalbjährige Maria teilten bald das Schicksal ihrer Eltern. Seht, wie die polnischen Schweine verrecken, die die Juden versteckten, soll einer der Gendarmen, Joseph Kokott, bei der Exekution gerufen haben.

Was veranlasste die Ulmas, ihr Leben zu riskieren, um andere zu retten? Niedrige Beweggründe wie etwa die Absicht, sich zu bereichern, kann man zweifellos ausschließen, weil bei den ermordeten Juden viele Ersparnisse gefunden wurden. Alles deutet darauf hin, dass das Hauptmotiv ihrer Handlung schlicht und einfach das Mitgefühl für ihre jüdischen Nachbarn war. Józef Ulma half bereits zuvor einer anderen vierköpfigen jüdischen Familie, die sich im nahe gelegenen Wald versteckt hatte. Er baute für sie ein Grubenhaus und versorgte sie regelmäßig mit Essen. Die Deutschen entdeckten das Versteck jedoch und brachten die Juden um; den Helfer konnten sie nicht ausfindig machen.

Von den Werten, von denen die Ulmas sich haben leiten lassen, zeugt die bei ihnen zu Hause gefundene Bibel, in der zwei signifikante Fragmente markiert wurden. Das eine war das unterstrichene Kapitel »Das Gebot der Liebe. Der barmherzige Samariter«, das andere die Frage: »Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten?«.

1995 wurden Józef und Wiktoria Ulma postum mit der Medaille »Gerechter unter den Völkern« geehrt. 2010 hat sie der polnische Präsident Lech Kaczyński mit dem Orden der Wiedergeburt Polens »Polonia Restituta« ausgezeichnet. Im Vatikan findet zurzeit der Akt der Seligsprechung der Familie statt. In Markowa wurde im März 2016 das den Namen der Familie tragende Museum der polnischen Judenretter eröffnet.

Gepostete Bilder mit freundlicher Genehmigung des Familie Ulma-Museums der polnischen Judenretter in Markowa