Besucher aus dem Ausland staunen über polnische Tapferkeit

Foto Instituts für Nationales Gedenken

Je mehr das Ausland über den Zweiten Weltkrieg weiß, desto weniger Verzerrungen der Geschichte. Und dadurch umso weniger den Polen gegenüber ungerechte Bezeichnungen wie «polnische Lager«.

Ein Gespräch mit Dr. Mateusz Szpytma, dem stellvetretenden Leiter des Instituts für Nationales Gedenken und Mitbegründer des Familie Ulma-Museums für polnische Judenretter in Markowa

Die Ulmas wurden wegen des Versuchs, Juden zu retten, ermordet. Dadurch wurden sie zum Symbol einer außergewöhnlichen Tapferkeit und Aufopferung. Und eine solche Haltung war im deutsch besetzten Polen keine Ausnahme, oder?

In der Tat gab es definitiv mehr Familien, die Juden im Zweiten Weltkrieg geholfen haben. Infolge dieser unternommenen Hilfeleistung haben die Deutschen ca. 1 Tsd. Polen getötet. Die Ulmas wurden zum Symbol, weil wir ausnahmsweise viel über ihr Leben und die Umstände ihres dramatischen Todes wissen. Außerdem waren sie wirklich großartige Menschen.

Lässt sich überhaupt feststellen, wie viele Polen sich an der Judenrettung im besetzten Polen beteiligt haben?

Leider gibt es keine klare Antwort auf diese Frage. Der Grund dafür ist, dass wir bisher keine diesbezüglichen Forschungen durchgeführt haben. Laut Schätzungen geht man jedoch davon aus, dass die Polen im Krieg 40 Tsd. bis sogar 100 Tsd. Juden gerettet haben könnten. Um ein jüdisches Leben zu retten, mussten ca. 10 Personen zusammenarbeiten. Man kann also vorsichtig annehmen, dass mindestens 400 Tsd. Polen in die Judenrettung involviert waren. Das ist wirklich eine imposante Zahl, vor allem wenn man bedenkt, dass selbst für die kleinste Unterstützung von Juden ihren Helfern die Todesstrafe drohte. Nicht nur ihnen direkt, sondern – im Rahmen der damals geltenden Sippenhaftung – auch ihren Nächsten.

Weiß die Welt davon?

Im Ausland ist diese Frage leider so gut wie unbekannt. Ausländische Besucher des Familie Ulma-Museums sind meistens überrascht, wenn sie mit eigenen Augen mit der Tatsache konfrontiert werden, wie viele Polen ihren Mut und Tapferkeit bewiesen haben. Zumal Polen weltweit leider immer noch als ein antisemitisches Land angesehen wird.

Wie kann man gegen dieses Stereotyp ankämpfen?

Zuerst müssen wir in puncto Judenrettung genau recherchieren und dann die Forschungsergebnisse veröffentlichen und so die Öffentlichkeit davon in Kenntnis setzen. Zum Beispiel mit Hilfe von thematischen Museumsausstellungen. Ich bin aber auch fest davon überzeugt, dass diesbezügliche Filmproduktionen entstehen sollten. Jede mit der Judenrettung verbundene Geschichte ist nämlich derart faszinierend, dass sie sich ideal für ein Filmdrehbuch eignet. Was noch enorm wichtig ist: wir müssen wir bei jedem Versuch der Geschichtsfälschung entschieden reagieren und auf Edukation setzen. Je mehr das Ausland über den Zweiten Weltkrieg weiß, desto weniger Verzerrungen der Geschichte. Und dadurch umso weniger den Polen gegenüber ungerechte Bezeichnungen wie «polnische Lager«.