Hölle auf Erden. Deutsche Konzentrations- und Todeslager

Polnische Konzentrations- und Vernichtungslager hat es nie gegeben. Die Orte, an denen Millionen von unschuldigen Opfern gefoltert und ermordet wurden, waren voll und ganz eine deutsche Schöpfung. Die Deutschen hatten ein Lagernetz aufgebaut, das zum Werkzeug der Liquiderung von verschiedenen Nationalitäten wurde. Juden sowie Roma und Sinti verurteilte man auf Grund der Abstammung zur kollektiven Vernichtung. Polen – vorgesehen als billige Arbeitskraft – dienten und starben in Zwangsarbeits- und Konzentrationslagern.

Alles begann in den 1930er Jahren im Deutschen Reich. Gleich nach Hitlers Machtergreifung entstanden erste, improvisierte Haftstätten für „Volksfeinde”. Das erste Konzentrationslager wurde nahe München, bei Dachau eingerichtet. Zunächst diente es der Inhaftierung von politischen Gegnern des NS-Regimes. Dann wurden dort auch deutsche Juden, Zeugen Jehovas und Homosexuelle gefangengenommen. Die Insassen wurden regelmäßig durch Sklavenarbeit zu Grunde gerichtet oder erschossen. Mit Kriegsbeginn und dem Verlauf des Krieges füllte sich das Lager mit Häftlingen aus allen vom Dritten Reich besetzten europäischen Ländern. Das KZ Dachau wurde zum »Muster« für andere Lager – auch für diejenigen, die die Deutschen nach dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 in diesem Land errichtet haben.

Freitag, der 14. Juni 1940. Der Tag, an dem der erste Häftlingstransport im KZ Auschwitz eintrifft und die Hölle auf Erden beginnt: 728 polnische politische Gefangene durchschreiten das Tor des Konzentrationslagers Auschwitz. Die Angekommenen wurden sofort jeder Hoffnung beraubt. – Ihr seid hier nicht in ein Sanatorium gekommen, sondern in ein deutsches Konzentrationslager. Sollte es einem von euch hier nicht gefallen, kann er gleich in den Draht gehen. Hier lebt man längstens drei Monate. Falls es Juden gibt, dann können sie zwei Wochen leben. Geistliche – einen Monat. Es gibt für einen Häftling nur einen Weg hier raus: durch den Schornstein des Krematoriums. – mit solchen Worten begrüßte sie der Lagerführer Karl Fritzsch.

Knapp ein Jahr nach Kriegsbeginn ordnete Reichsfüher SS Heinrich Himmler am 27. April 1940 den Bau eines Konzentrationslagers in Auschwitz an. Das Ziel war präzise formuliert: die Ausrottung des polnischen Volkes. In den ersten zwei Jahren nach Errichtung des Lagers wurden dorthin vorwiegend Polen deportiert. Mit der Zeit wurde Auschwitz zu einem riesigen Lagerkomplex. Er bestand schließlich aus dem Konzentrationslager Auschwitz I (Stammlager), dem am 1. März 1942 in Betrieb genommenen Vernichtungslager Birkenau (Konzentrationslager Auschwitz II), das der industrialierten Vernichtung von größtenteils Juden diente und dem KZ Auschwitz III Monowitz. Dort mussten Häftlinge für die I.G. Farben AG Zwangsarbeit verrichten. Der Lagerkomplex umfasste darüber hinaus etwa 40 weitere Außenlager, wo den KZ-Insassen zugunsten der NS-Wirtschaft Schwerstarbeit abverlangt wurde.

Unerträglicher Hunger, mörderische Arbeit, Misshandlungen, Folter und pseudomedizinische Versuche waren in Auschwitz an der Tagesordnung. In den Häftlingen sahen die Deutschen keine Menschen mehr, sondern anstelle ihrer Namen nur nichts bedeutende Lagernummern. Daher nahmen die Lagerärzte skrupellos medizinische Experimente vor, in deren Verlauf die Häftlinge meist qualvoll starben. Eins davon war die sog. »Röntgenkastration«, bei der – zwecks Sterilisierung – männliche Hoden und weibliche Eierstöcke mit X-Strahlen bestrahlt wurden. Als Folge davon erlitten die Betroffenen im Intimbereich schwere Verbrennungen und am ganzen Körper eiternde, schlecht heilende Wunden.

Die das Lager bewachenden SS-Männer behandelten die ohnehin durch Unterernährung und Schwerstarbeit geschwächten Häftlinge auf brutalste Weise. Die von ihnen verhängten Strafen waren abgestuft. Zu den leichtesten Strafen gehörte das Schlagen mit einem Holzstock. Das geschah öffentlich, auf einem Tisch («Vollstreckungsmöbel«) in Anwesenheit aller beim Appell stehenden Blöcke. Die zweite mögliche Strafe war der „Stehbunker“. Wer sie bekommen hatte, wurde mit drei anderen Häftlingen über Nacht in einen 1m² großen Raum gezwängt, wo es kaum Platz und Luft zum Atmen gab. Am Morgen wurden die vier Häftlinge freigelassen und zur Arbeit mitgenommen, um für die nächste Nacht wieder eingeschlossen zu werden. Das Strafmass betrug normalerweise fünf Nächte, konnte aber auch erheblich höher sein. Die dritte Strafe war der „Pfahl“. Der Aufgehängte, dessen Hände hinter dem Rücken zusammengebunden waren und dessen Füsse den Boden nicht berührten, musste in dieser Haltung mehrere Stunden ausharren. Dies hatte die Auskugelung der Schultern zur Folge, so dass der Häftling nicht mehr arbeitsfähig war, was wiederum den Tod in der Gaskammer bedeutete.

Die Vergasung zählte zu einer der vielen Methoden der Tötung der KZ-Insassen. Umgebracht wurden sie auch durch Erschießen, öffentliches Erhängen oder durchs Verhungern. Insgesamt haben die Deutschen in Auschwitz etwa 1,1 Mio. Menschen ermordet: Personen unterschiedlicher Weltanschauung, Bildung sowie verschiedenen Glaubens. Es waren Männer, Frauen, Kinder und alte Leute, die 20 Nationen angehört hatten.

Solche verbrecherischen Aktivitäten betrieben die Deutschen nicht nur im KZ Auschwitz, sondern auch in anderen KZs in den von ihnen besetzten Gebieten Polens. 1940 wurde in Schlesien das KZ Groß-Rosen errichtet, in dem bis 1945 ca. 40 Tsd. Menschen ermordet wurden. Groß-Rosen folgte dann 1941 das KZ Majdanek (offiziell: KL Lublin) mit einer Gesamtopferzahl von etwa 80 Tsd. Ebenfalls zu nennen sind: KL Plaszow (ca. 7–8 Tsd. Opfer), KL Stutthof (ca. 63 Tsd. Opfer) und KL Warschau (ca. 20 Tsd. Opfer). Die Lagerführung bildeten Angehörige der SS, zu den sog. Funktionshäftlingen »avancierten« deutsche Berufsverbrecher, die vorher in den im Reich gelegenen KZs inhaftiert worden waren.

Eine besondere Kategorie der Lager im deutsch besetzten Polen stellten die Vernichtungslager dar. Sie wurden in erster Linie zwecks sofortiger Liquidierung aller europäischen Juden erbaut. Dort kamen aber auch Sinti und Roma sowie sowjetische Kriegsgefange um. Zu den «klassischen« Vernichtungslagern zählen heutzutage Kulmhof am Ner, Belzec, Sobibor und Treblinka, die ab Ende 1941 (Kulmhof) und ab 1942 (Belzec, Sobibor und Treblinka) betrieben wurden. Das KL Auschwitz und KL Lublin sind dagegen sowohl als Konzentrations- als auch als Vernichtungslager einzustufen.

Die Vernichtungslager dienten dem Zweck, möglichst viele Personen in möglichst kurzer Zeit zu töten. In Kulmhof am Ner wurden die Opfer in sog. Gaswagen umgebracht, die man als fahrbare Gaskammern einsetzte. Den Tod bewirkten die durch Kfz-Motoren produzierten Abgase, die in die dicht verschlossenen Transportfahrzeuge eingeleitet wurden. Auf diese Art und Weise kamen 200 bis 300 Tsd. u.a. deutsche, österreichische, französische, belgische oder holländische Juden ums Leben. Zu den Ermordeten zählten ebenfalls polnische Bewohner von Pflegeheimen aus Lodz (polnisch: Łódź) und Leslau (polnisch: Włocławek) sowie polnische Kinder aus der Region Zamość. Die meisten Opfer von Belzec (450 Tsd.) und Sobibor (170-180 Tsd.) waren jüdischer Abstammung. Dasselbe gilt für das Vernichtungslager Treblinka, dem größten nationalsozialistischen Vernichtungslager im deutsch besetzten Polen. Die Gesamtzahl der dort ermordeten Menschen liegt deutlich über 800 Tsd. Ab Dezember 1942 begannen die Deutschen, die Vernichtungslager Schritt für Schritt abzubauen. Die letzten existierten bis Januar 1945 und wurden dann aufgelöst. Die Gaskammern wurden zerstört, Teile der Baracken ließ man per Bahn transportieren. Die Gelände wurden umgepflügt und mit Gras bepflanzt…

Außer den Konzentrations- und Vernichtungslagern errichteten die Deutschen auf polnischen Gebieten unzählige andere Lager, von denen die Zwangsarbeitslager die häufigsten waren und bis zum Kriegsende existierten. Ihre Insassen wurden u.a. beim Straßenbau, beim Bau der Befestigungsanlagen oder in der Landwirtschaft eingesetzt. Die Todesrate unter den Häftlingen war enorm hoch – bedingt durch Hunger, Misshandlungen und katastrophale Lebensbedingungen.

Gepostete Bilder mit freundlicher Genehmigung des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau