Halina Krzymowska: Sie behandelten uns wie den letzten Dreck

krzymowska

Foto Andrzej Banaś

Die Vernichtungslager
wurden zwar
auf polnischen
Gebieten errichtet.
Aber diese
Gebiete
wurden im Krieg
von den Deutschen
erobert und besetzt
und es waren
die Deutschen,
die in diesen
Lagern Millionen
von Menschen
ermordeten.

Jedesmal, wenn in der ausländischen Presse Informationen über „polnische Konzentrationslager” auftauchen, empört sich Halina Krzymowska sehr. – Diese Formulierung zeugt von einer beispiellosen Ignoranz und von einer Unkenntnis der Geschichte jener Zeit. Die ehemalige Insassin des KZ Ravensbrück appelliert deshalb – Man muss ihnen die Wahrheit sagen!

Lakonisch, aber gleichzeitig drastisch, schildert Frau Krzymowska den grausamen Alltag der KZ-Häftlinge. – Die Deutschen behandelten uns wie den letzten Dreck. Wir waren ihren Hieben und Tritten hilflos ausgeliefert. Unser Tod wurde einfach in Kauf genommen und hätte keine Sau interessiert – erzählt sie.

Diese Behandlung erlebte Frau Krzymowska gleich nach der Deportation ins KZ. – Ich erhielt meine Lagernummer, den Winkel und wurde plötzlich ohnmächtig. Als meine Mutter dies sah, flehte sie einen ranghohen SS-Mann um Hilfe an. Andere Deutsche fielen sofort über sie her und sie bekam eine Spritze, die sie töten sollte. Meine Mama hat sie nur wie durch ein Wunder überlebt – schildert die ehemalige «Ravensbrückerin«.

Halina Krzymowska wurde 1927 in Warschau in der Familie von Jan Kamienobrodzki, einem hohen Beamten der Polnischen Bank AG, geboren. Als kleines Mädchen besuchte sie dieselbe Schule wie die Töchter von Marschall Józef Piłsudski. Im September 1939 sollte die 12jährige Halina ihre Ausbildung im Gymnasium fortsetzen. Dies verhinderte jedoch der Ausbruch des Krieges.

Er hatte zur Folge, dass die Reserven der Polnischen Bank dringend ins Ausland mussten. Die kleine Halina samt Mutter und Bruder verließ Polen im Konvoi der Bank. Die Familie fuhr über die Ukraine, Rumänien und Jugoslawien, bis sie letztendlich die Insel Krk (das heutige Kroatien) erreichte. Dort, fern von Kriegsereignissen, führten die Kamienobrodzkis einige Jahre ein ruhiges Leben, das 1944 schlagartig sein Ende nahm. Auf Krk landeten die deutschen Truppen und alle auf der Insel lebenden Polen wurden festgenommen. Die Familie wurde getrennt. Halina und ihre Mutter wurden ins KZ Ravensbrück verschickt. Der kleine Bruder musste dagegen in ein Krakauer Waisenhaus. Frau Krzymowska: – Es war eine Sammelstelle für polnische Kinder, die im Rahmen der NS-Rassenpolitik germanisiert werden sollten. Man zwang sie, spezielle Schulungen zu absolvieren, um sie einzudeutschen.

Im KZ-Ravensbrück arbeitete Halina Krzymowska in einer Nähwerkstatt, sie musste auch beim Bau der Gebäude für SS-Offiziere arbeiten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wohnte sie mit ihrer Mutter eine Zeitlang in Schweden. Dann kehrten die beiden Frauen nach Krakau zurück. Die dramatischen Kriegserlebnisse aus der Jugendzeit zerstörten nie Halinas Lebenslust und Lebensfreude. Jahrelang war sie sehr aktiv – ging dem Bergtourismus und dem Skifahren nach. Zusammen mit ihrem Mann machten sie einmal eine Motorradtour durch ganz Polen.

Als Zeitzeugin teilt Frau Krzymowska gern ihre Erinnerungen. Sie ist fest davon überzeugt, dass man ununterbrochen an die Wahrheit erinnern muss. – Die Vernichtungslager wurden zwar auf polnischen Gebieten errichtet. Aber diese Gebiete wurden im Krieg von den Deutschen erobert und besetzt und es waren die Deutschen, die in diesen Lagern Millionen von Menschen ermordeten. Das muss man allen unermüdlich ins Gedächtnis rufen – konstatiert Halina Krzymowska.

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