Karol Tendera: Geschichtsfälscher müssen bestraft werden

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Foto Andrzej Banaś

Karol Tendera: «Ihr seid hier nicht in ein Sanatorium gekommen, sondern in ein deutsches Konzentrationslager, aus dem es keinen anderen Ausgang gibt als den durch den Schornstein « – hörten als Begrüßung die im Lager angekommenen Häftlinge.

Ich fühle mich verunglimpft. Ich werde beschuldigt, an Morden teilgenommen zu haben, aber das Opfer war doch ich! – mit solchen Worten reagiert Karol Tendera, wenn er in ausländischen Medien den sich wiederholenden Ausdruck „polnische Konzentrationslager” hört. Der inzwischen 95jährige ehemalige Auschwitz-Häftling kämpft deshalb mit unglaublicher Energie und Entschlossenheit gegen diese historische Lüge. Er verklagte sogar den deutschen Fernsehsender ZDF.

Dies geschah, nachdem im ZDF von den „polnischen Vernichtungslagern Majdanek und Auschwitz” die Rede gewesen war. Herrn Tendera wurde sofort klar, dass er reagieren muss. Er erhob gegen den Sender eine Zivilklage, in der er eine öffentliche Entschuldigung sowie Schmerzensgeld in Höhe von 50 Tsd. Euro für gemeinnützige Zwecke forderte. – Ich will, dass die Geschichtsfälscher sich bei dem polnischen Staat und dem polnischen Volk entschuldigen und für ihre Verleumdungen bestraft werden – betont Karol Tendera.

Am 1. September 1939, zu Beginn der deutschen Besatzung Polens war der 1921 in Krakau geborene Karol 18 Jahre alt. Er besuchte in seiner Heimatstadt die Technische Berufsschule in der Krupnicza-Straße. Im Herbst 1940, direkt vom Unterricht abgeholt, wurde der junge Karol zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschickt. Über zwei Jahre musste er in einem Arbeitslager bei Hannover zerstörte Kriegsflugzeuge reparieren. Im Mai 1942 gelang ihm ein Fluchtversuch und infolgedessen die Rückkehr nach Krakau. Die Freude über die gewonnene Freiheit währte jedoch nur einige Monate. Bereits im Januar 1943 wurde Karol Tendera festgenommen. Zuerst wurde er in den Krakauer Sitz der Gestapo in der Pomorska-Straße und dann ins Gefängnis in der Montelupich-Straße gebracht. Im Februar 1943 hieß es für ihn: Abtransport nach Auschwitz.

»Hunderttausendvierhundertdreißig« – sagt der Krakauer in einem Atemzug auf Deutsch die auf seinem Unterarm eintätowierte Lagernummer. – Das war in Auschwitz mein Name. Er wusste sofort, dass er in die Hölle kam. – Karol Tendera: »Ihr seid hier nicht in ein Sanatorium gekommen, sondern in ein deutsches Konzentrationslager, aus dem es keinen anderen Ausgang gibt als den durch den Schornstein« – hörten als Begrüßung die im Lager angekommenen Häftlinge.

Bis heute erinnert sich der ehemalige KZ-Insasse an jeden Tag in Auschwitz-Birkenau: an die mörderische Arbeit bei der Aushebung der Straßengräben, an die schmerzhaften Hiebe des deutschen Lagerpersonals sowie an den herrschenden Hunger und Durst. – Ich war überzeugt, dass ich dem Tod nicht entkomme – gesteht er. Obwohl er Auschwitz doch überlebt hat, bedeutete dies für ihn keine Befreiung. Im Herbst 1944 wurde Karol Tendera nach Leitmeritz, (tschechisch: Litoměřice) in ein Nebenlager des deutschen KZs Flossenbürg deportiert, wo er bis zum Kriegsende gefangen gehalten wurde.

In Auschwitz war ich Mitglied der dort von Witold Pilecki gegründeten Widerstandsbewegung. Ich kämpfte für mein Vaterland, setzte dafür mein Leben aufs Spiel – sagt Karol Tendera. Daher fällt es ihm sehr schwer, sich mit Formulierungen wie „polnische Konzentrationslager” abzufinden, die die Verantwortung für deutsche Verbrechen ihren polnischen Opfern in die Schuhe schieben. – Ich muss ständig alles berichtigen, ins rechte Licht rücken und erklären, wie es wirklich war. Eines Tages hat mich eine alte Deutsche gefragt, was für Leute wir Polen in unseren Lagern inhaftiert und ermordet hätten – nennt Karol Tendera als Beispiel für seine Aufklärungsarbeit.

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