Der Polnische Untergrundstaat – ein weltweites Phänomen im Kampf gegen Nazi-Deutschland

Im Zeitraum 1939-45 wurden mehrere Untergrundbewegungen in den von den Deutschen besetzten Ländern gegründet. Der Polnische Untergrundstaat war jedoch eine einzigartige Erscheinung in der Geschichte des europäischen Untergrundes.

Im Zuge der deutschen Unterdrückung organisierte sich der Polnische Untergrundstaat sehr schnell. Seine Gründung und Legitimierung basierten auf dem Gedanken, dass die Besetzung Polens durch das Deutsche Reich und die Sowjetunion völkerrechtswidrig war. Daher wurden auch alle Institutionen der Besatzungsmächte als illegal angesehen und durch parallele polnische Institutionen »gedoppelt«. Die Organisationsstrukturen umfassten sowohl den militärischen als auch den zivilen Bereich. Die Anzahl der Mitglieder betrug mehrere hunderttausend Personen. Jegliche Kollaboration des Untergrundstaates mit dem Dritten Reich war – anders als z. B. in Frankreich oder Belgien – ausgeschlossen. Geführt wurde der Untergrundstaat aus London, wo die polnische Exilregierung ihren Sitz hatte.

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Warschauer Aufstand,  die Heimatarmee, Befreiung des KL Warschau

Am schnellsten organisierte sich der militärische Bereich. Die polnischen Militärs hatten bereits im September 1939 die Untergrundorganisation »Służba Zwycięstwu Polsce« (»Dienst für den Sieg Polens«) gegründet, die letztendlich den Namen »Armia Krajowa« (»Heimatarmee«) annahm. Die AK umfasste bis zu 380.000 Mitgliedern und war damit die größte militärische Widerstandsorganisation im Zweiten Weltkrieg – nicht nur in Polen, sondern in ganz Europa. Zu den militärischen Aufgaben des Polnischen Untergrundstaates gehörten vor allem Sabotageakte und Spionagearbeit für die Alliierten. Ein Schwerpunkt war die Gründung und Ausbildung einer regulären polnischen Armee für die Machtübernahme nach der deutschen Niederlage. Die AK unterstützte darüber hinaus den Aufstand im Warschauer Ghetto.

Im Rahmen des Polnischen Untergrundstaates funktionierten auch die Zivilgerichtsbarkeit und die Militärgerichte. Es fanden konspirative Gerichtsverhandlungen statt. Schäden zulasten der Republik Polen oder eigennützige Denunziation und Auslieferung von Juden bestrafte die polnische Untergrundjustiz mit dem Tod. Jeder der Kollaboration Beschuldigte wurde als Landesverräter eingestuft.

Von der polnischen Untergrundjustiz wurden einige hundert Todesurteile gegen Beamte und Mitarbeiter der deutschen Besatzungsmacht verhängt und vollstreckt. Als Beispiel kann hier der Chef des Warschauer Distrikts im Generalgouvernement, SS- und Polizeiführer Franz Kutschera, angeführt werden. Für den beispiellosen Terror und die Massenhinrichtungen, die er an tausenden polnischen Zivilisten durchführen ließ, verurteilte man den Kriegsverbrecher zum Tode. Bei einem geplanten Attentat wurde er in Warschau erschossen.

General Stefan Rowecki, Deckname »Grot« (»Speerspitze«)Da die deutschen Besatzer jeden Widerstand rigoros ahndeten, war die Strafe für die Zugehörigkeit zum Polnischen Untergrundstaat besonders hoch: Tod oder Deportation in ein KZ. Dieses Schicksal traf den Mitbegründer und Anführer der Heimatarmee, General Stefan Rowecki, Deckname »Grot« (»Speerspitze«). Nach seiner Verhaftung durch die Gestapo wurde er im Juli 1943 ins KZ Sachsenhausen verschleppt. Bei den dortigen Verhören versuchte man ihn zu überreden, ein Bündnis zwischen der AK und den deutschen Streitkräften gegen die Sowjetunion zu schließen und den Warschauer Aufstand abzubrechen. General Rowecki lehnte dies entschieden ab und wurde infolgedessen 1944 ermordet.

In den deutschen Lagern kamen ebenfalls viele polnische Zivilisten um, die sich für den Untergrund einsetzten. Gemeint sind hier 9.000 Lehrer und 600 Wissenschaftler, die in konspirativen Bildungseinrichtungen auf allen Ebenen etwa eine Million Polen ausgebildet haben. Von Repressalien blieb auch die Kirche nicht verschont. Pater Maximilian Kolbe war einer von tausenden polnischen Geistlichen, die in den KZs ihr Leben ließen.

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